Nach dem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) vom 15. November 2022 (Az. I FSK 95/19) führt die Angabe des Datums, an dem die steuerpflichtige Tätigkeit in der Vergangenheit aufgenommen wurde, nicht zu einer rückwirkenden Pflicht zur Registrierung für Umsatzsteuerzwecke in Polen und begründet keine Pflicht zur Korrektur von Abrechnungen im Zusammenhang mit Umsätzen, die nach dem Reverse-Charge-Verfahren abgerechnet wurden.
Das Wesentliche der Angelegenheit
In dem Fall ging es um eine in Deutschland umsatzsteuerlich registrierte deutsche Gesellschaft, die in den Jahren 2015 und 2016 Montageüberwachungsleistungen für seine polnische Niederlassung erbrachte. Für die erbrachten Leistungen stellte die Gesellschaft Rechnungen im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahrens aus.
Aufgrund neuer Umstände, die der Gesellschaft zum Zeitpunkt der früheren Umsätze nicht bekannt waren, stellte sich heraus, dass die Gesellschaft während des Zeitraums, in dem sie Dienstleistungen für die polnische Niederlassung erbrachte, verpflichtet war, sich in Polen für Umsatzsteuerzwecke registrieren zu lassen.
Die Registrierungspflicht betraf jedoch ein separates Projekt, das nichts mit der Erbringung von Montageüberwachungsleistungen zu tun hatte. Die Gesellschaft reichte im 2017 einen Registrierungsantrags auf einem VAT-R-Formular ein, aus der hervorging, dass sie ihre erste steuerpflichtige Tätigkeit im Jahr 2015 ausgeübt hatte.
Antrag auf individuelle Auskunft durch den Direktor der Nationalen Steuerinformation
Aufgrund von Zweifeln der Gesellschaft hinsichtlich einer möglichen Verpflichtung zur Anpassung ihrer Abrechnungen mit der Zahlung von Zinsen wandte sich die Gesellschaft mit einem Antrag auf individuelle Auskunft des Steuerrechts an den Direktor der Nationalen Steuerinformation.
In der Auskunft vertrat der Direktor der Nationalen Steuerinformation die Auffassung, dass die Gesellschaft ihre Abrechnungen korrigieren müsse, da sie die Voraussetzungen für die Anwendung der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft nach dem Gesetz nicht erfülle.
Beschwerde beim Woiwodschaftsverwaltungsgericht, Standpunkt des Obersten Verwaltungsgerichts
Die Gesellschaft war mit der Auslegung nicht einverstanden und reichte die Beschwerde beim Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) ein. Das Gericht wies die Beschwerde gegen die vor der Gesellschaft vorgelegte individuelle Auslegung zurück.
Erst das Oberste Verwaltungsgericht (NSA) vertrat einen anderen Standpunkt. Wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Besteuerung die Voraussetzungen für eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft erfülle und der Käufer zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet sei, befreie dies den Lieferanten und Dienstleister von der Pflicht zur Abführung der Steuer, heißt es in der Urteilsbegründung. Das Gericht betonte, dass die Registrierung des Verkäufers, nachdem der Umsatz bereits abgewickelt wurde, selbst mit einem rückwirkenden Datum, das den Zeitpunkt abdeckt, an dem die Steuerpflicht für diesen Umsatz entstand, die Last der Verpflichtung nicht auf den Lieferanten zurückverlagert.
Schlussfolgerungen für Umsatzsteuerzahler
Dieses Urteil des NSA ist für die Steuerzahler auf jeden Fall positiv und dürfte die Reihe der Urteile der Verwaltungsgerichte und der individuellen Auslegungen beeinflussen.
Sollten Sie Fragen zu Ihrer Pflicht zur Registrierung für Umsatzsteuerzwecke in Polen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Autoren:
Aleksandra Philips, LL.M., VAT-Steuerfachangestellte
Maciej Gryka, Junior Steuerkonsultant