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Inhalt

Sanktion in Höhe von 20 % der Umsatzsteuer (als zusätzliche Steuerschuld) ist mit EU-Vorschriften unvereinbar – EuGH-Urteil in der Rechtssache C-935/19

Der EuGH weist in seinem Urteil vom 15. April 2021 darauf hin, dass alle Umstände des vorliegenden Falls bei der Ahndung von Unregelmäßigkeiten in der Umsatzsteuerabrechnung berücksichtigt werden sollten. Sie können nicht angewendet werden, wenn es unmöglich ist, die negativen Auswirkungen einer Handlung abzuschätzen und die Absicht des Steuerpflichtigen zu überprüfen. Strafen sollen Betrug und Steuerstraftaten verhindern und können daher kein Ausdruck einer repressiven Behandlung von Unternehmern durch die staatlichen Behörden sein.

Sanktion in Höhe von 20 % der zu niedrig ausgewiesenen Umsatzsteuerschuld

Am 15. April 2021 erließ der EuGH ein wichtiges Urteil in der Rechtssache C-935/19. Gegenstand des Urteils war die Frage, ob die Auferlegung einer zusätzlichen Steuerschuld in Höhe von 20 % des Betrags der zu niedrig ausgewiesenen Steuerschuld für einen Steuerpflichtigen mit der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Diese Sanktion wird in Artikel 112b Absatz 2 des Umsatzsteuergesetzes genannt. Das vorlegende Gericht äußerte Zweifel daran, ob die automatische Verhängung von Sanktionen durch die Steuerbehörden ohne die Möglichkeit, die Folgen des Verstoßes und die Absicht des Steuerpflichtigen zu beurteilen, mit dem EU-Recht vereinbar ist. Im vorliegenden Fall kam es zu keinem Verlust von Steuereinnahmen.

Der Steuerpflichtige hat nicht in der Absicht gehandelt, Steuerbetrug zu begehen

Im vorliegenden Fall kaufte der Steuerpflichtige eine Immobilie, wobei der Preis in Bruttobeträgen, einschließlich Umsatzsteuer, festgelegt wurde. Im Rahmen einer Steuerprüfung stellte sich heraus, dass die Parteien das Geschäft fälschlicherweise als steuerpflichtig qualifizierten, obwohl es steuerbefreit war. Da die an der Transaktion beteiligten Parteien keine Erklärungen über den Verzicht auf die Steuerbefreiung abgaben, entschied die Steuerbehörde, dass der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf Erstattung des Vorsteuerüberschusses in der ursprünglich erklärten Höhe hatte.

Um die Unregelmäßigkeit zu korrigieren, reichte der Unternehmer eine Berichtigung der Voranmeldung ein, das Finanzamt verhängte jedoch eine Strafe in Höhe von 20 % zu niedriger Steuerschuld gegen ihn. Das vorlegende Gericht vertrat die Auffassung, dass die Strafe nicht präventiv, sondern repressiv sei, da sie weder die Art und Schwere des Verstoßes noch die Tatsache berücksichtige, dass dem Fiskus keine Steuereinbußen entstanden seien. Die vorliegenden Beweise zeigen auch, dass der Steuerpflichtige nicht in der Absicht gehandelt hat, Steuerbetrug zu begehen.

Geldstrafen für Steuerdelikte, nicht für Fehler

Der EuGH schloss sich in vollem Umfang der Auffassung an, dass die vorgenannte Sanktion nicht mit der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar ist. Die Mitgliedstaaten können gegen Steuerpflichtige Sanktionen für Fehler bei der Abrechnung dieser Steuer verhängen, um die korrekte Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und Steuerbetrug zu verhindern. Zur Beurteilung, ob die Sanktion dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, sind jedoch insbesondere die Art und die Schwere des Verstoßes zu berücksichtigen, der mit der Sanktion geahndet werden soll. Die automatische Anwendung von Verwaltungssanktionen in allen Fällen zu niedrig ausgewiesenen zu zahlender Steuer oder zu hoher Vorsteuererstattungen ist ein unzureichendes Mittel zur Erreichung des Ziels, das die Bekämpfung von Steuerdelikten vorsieht.

Verpflichtung, die Höhe der Strafe an die Straftat anzupassen

Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Unregelmäßigkeit wurde durch einen Beurteilungsfehler von dem Steuerpflichtigen verursacht. Dieser Irrtum beruhte auf die falsche Qualifizierung der Immobilieneinkaufs als steuerpflichtig. Daraus kann man aber die Täuschungsabsicht des Steuerpflichtigen nicht schließen und es führte nicht zu einer Entreicherung der Steuerschulden. Folglich hatte die Finanzverwaltung keine Möglichkeit, die Höhe der Strafe an die besonderen Umstände des Falles anzupassen. Die fehlende Möglichkeit, die gegen den Steuerpflichtigen verhängte Strafe zu individualisieren, steht im Widerspruch zu dem Ziel, die korrekte Erhebung der Steuern zu gewährleisten und Steuerbetrug zu verhindern. Folglich ist sie mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mehrwertsteuer und den Bestimmungen der Richtlinie unvereinbar.

Entscheidung des EuGH als Grundlage für die Nichtigerklärung bereits ergangener Entscheidungen

Die Stellung des Gerichtshofs ist günstig für Unternehmen in Polen. Der Gerichtshof wies darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten das Recht haben, bei Unregelmäßigkeiten in der Umsatzsteuerabrechnung Verwaltungssanktionen gegen Steuerpflichtige zu verhängen. Die Bestimmungen, die die Art und Weise der Verhängung solcher Sanktionen festlegen, müssen jedoch mit dem EU-Recht und seinen allgemeinen Grundsätzen und somit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit übereinstimmen. Die Steuerbehörden sollten die Möglichkeit haben, die Höhe der Sanktion an die besonderen Umstände des jeweiligen Falles anzupassen. Das Urteil des Gerichts kann Gründe für die Aufhebung bereits ergangener Steuerbescheide und für die Wiederaufnahme des Verfahrens, in dem eine zusätzliche Steuerschuld festgesetzt wurde, liefern.

Autor:
Maciej Kozub, VAT-Steuerfachangestellter

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